Giles, Utah

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    • Anfahrt:
      Neben der bekannten Utah State Road 24, einer der häufig genutzten Touristenrouten, liegt in weniger als einer Meile Abstand die Ghost Town Giles. An sich relativ leicht zu erreichen wird sie von Reisenden so gut wie nie besucht. Vermutlich liegt das an mangelnden Kenntnissen und fehlenden Hinweisen - oder auch daran, dass viele Reisende das Blue Valley als grau und lebensfeindlich empfinden.

      Die Abfahrt von der UT 24 liegt mehr oder weniger genau in der Mitte zwischen Hanksville und Caineville beim Weiler (engl. Hamlet) Elephant. Koordinaten: 12S 0511050 4245468. Ab hier geht es auf guter Erdstrasse weiter, durchaus auch Pkw-geeignet. Nach weniger als 1/10 Meile durchquert die Road den Fremont River mit einer Furt, die aber gesichert und bei normalem Wasserstand von jedem Fahrzeug passierbar ist.

      Fremont River Ford - bei diesem Wasserstand kein Problem


      Man fährt auf die ca. 100 Meter hohen Cliffs einer Hochfläche zu, die sich zwischen dem westlich verlaufenden Sweetwater Creek und dem Town Wash erstreckt.




      Cliffs südlich des Fremont Rivers


      Die Road schwenkt nach Osten um, zieht sich zwischen River und den südlichen Cliffs dahin. Nach Norden jenseits des Fremont steht die Landmark der Factory Butte über der Factory Bench.


      Eine weitere Landmark tauch in Fahrtrichtung, also weiter östlich auf:




      Steamboat Point


      Die Road befindet sich zum Zeitpunkt unserer Visite in sehr gutem Zustand:


      Giles Road



      Typische Kulisse neben der Road:


      Unten Mancos ("Blue") Shale, oben Dakota Sandstone


      Die Giles Road nach Westen in Richtung Fremont River Ford

      Generell zeigt sich in dieser Gegend ein völlig anderer Landschaftstyp als man es von den touristisch stark frequentierten Sehenswürdigkeiten gewohnt ist. Rot ist hier Fehlanzeige! Unserer Meinung nach trotz allem eine eindrucksvolle Szenerie.


      Grey (Blue) Cliffs

      Eine kurze Erläuterung zur Geschichte von Giles und einigen neueren Merkwürdigkeiten folgt im nächsten Abschnitt.

      Gruss
      Rolf
      Desert Drunk and Red Rock Crazy Stories aus dem amerikanischen Südwesten

      Dieser Beitrag wurde bereits 2 mal editiert, zuletzt von hatchcanyon ()

    • hatchcanyon schrieb:

      An sich relativ leicht zu erreichen wird sie von Reisenden so gut wie nie besucht. Vermutlich liegt das an mangelnden Kenntnissen und fehlenden Hinweisen
      Wahrscheinlich deshalb, weil es keiner weiß bzw. nichts Spektakuläres zu entdecken ist.

      Wie wir schon in deinem Bilderrätsel bemerkten, will das Grundstück auch keiner kaufen :lol: .
      Liebe Grüße

      Ilona

      "Man muss viel laufen. Da man, was man nicht mit dem Kleingeld von Schritten bezahlt hat, nicht gesehen hat" (Erich Kästner)

    • Ilona schrieb:

      bzw. nichts Spektakuläres zu entdecken ist.
      Hm, das kann man auch anders sehen. Wir halten die Umgegend schon für recht spektakulät. Und sind damit wohl auch nicht ganz alleine. Der alte William Lee Stokes (R.I.P), Geologieprofessor an der University of Utah, Nestor der Forschung an der Geologie des Staates, sagte mal, wären die grauen Gebiete rot gefärbt, würden sie die Touristen für eine Weltsensation ansehen.

      Zum Verkauf komme ich noch.

      Gruss Rolf
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    • hatchcanyon schrieb:

      Der alte William Lee Stokes (R.I.P), Geologieprofessor an der University of Utah, Nestor der Forschung an der Geologie des Staates, sagte mal, wären die grauen Gebiete rot gefärbt, würden sie die Touristen für eine Weltsensation ansehen.
      Zum Verkauf komme ich noch.

      Gruss Rolf

      Sind sie aber nicht :kichern: Finde ich jetzt auch nicht so spektakulär. Ist wenigstens die Ghost Town noch erhalten oder liegt da auch wieder nur ein Brett?
    • Bosley schrieb:

      Nicht wenn man beim richtigen Anbieter mietet (Sorry, der musste jetzt sein)

      Ilona schrieb:

      Meinst du jetzt Rugged Rental? In die grobstollige Reifen kann sich doch auch ein langer Nagel bohren.

      Egal ob Rugged Rental oder nicht, aber die richtigen Reifen sind eine nahezu hundertprozentige Versicherung gegen Plattfüsse. Wir hatten auf 4 jeweils einen Monat langen Touren mal gerade einen Platten, zuvor mit dem Schund der üblichen Anbieter bis zu 6 Stück im Monat.

      Bosley hat also völlig recht!

      Gruss
      Rolf
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    • Geschichte von Giles:

      Ursprünglich hiess der vor 1883 gegründete Ort - Genaueres weiss man nicht - nach einem ersten Siedler Burgess. Manche nannten die Town auch Blue Valley. Bis 1900 stieg die Einwohnerzahl auf 200 an.

      Der Vorfall um Bishop Giles im Jahr 1892 sagt viel über die Lebensumstände aus. Ein Pferd warf ihn ab, dabei zog er sich wohl einen Trümmerbruch im rechten Bein zu. Medizinische Hilfe gab es vor Ort nicht, der nächste Arzt war 60 Meilen entfernt. Ein Tierarzt! Er besuchte den Verunglückten, befand, das Bein sei nicht zu retten! Medizinische, gar sterile Gerätschaften waren nicht verfügbar, also nahm man eine Holzsäge und trennte dem Bishop das Beim ohne Betäubung ab. Die gabs eben auch nicht.

      Die Tortur fand kein gutes Ende, Henry Giles verstarb am folgenden Tag. 1895 nannte man den Ort zu Giles Ehren um. Der Name blieb bis zur Aufgabe 1919 bestehen, ist heute noch gültig.

      Der Niedergang begann schon 1896, als im September eine reissende Flut den Fremont River eintiefte, Bewässerungssysteme zerstörte und fruchtbare Boden wegschwemmte. Weitere Flutkatastrophen folgen. Der Todesstoss kam am 9.9.09! Eine gewaltige Flutwelle tiefte den Fluss so ein, dass es nicht mehr möglich war, die landwirtschaftlichen Flächen zu bewässern. Es traf aber nicht nur Giles, auch Caineville wurde schwer getroffen, ist bis heute nur noch ein Schatten seiner selbst. Die kleinen Orte Kitchen Town, Mesa, Aldridge verschwanden komplett, nur in Elephant leben offensichtlich noch ein paar Leute.

      Die letzte Bewohnerin von Giles war Wahrscheinlich Elizabeth Mechhan Giles, die am 7. 8. 1919 verstarb. Sie war die Frau des verstorbenen Bishops, überlebte ihn um nahezu 27 Jahre. Ihr Grabstein findet sich ebenso wie der ihres Mannes auf dem Friedhof.

      Die Autoren verschiedener Bücher sind unterschiedlicher Auffassung bezüglich der Namensänderung. Steve Allen (Utah's Canyon Country Place Names) benennt einfach nur die Tatsache, dass die Town 1895 zu Ehren des verstorbenen Bishops umbenannt wurde, Stephen L. Carr (Utah Ghost Towns) berichtet, dies sei geschehen, als Giles 1895 aus seiner Pflicht als Bishop ehrenvoll verabschiedet wurde (Mormon Bishop ist meist kein lebenslanges Amt). Das kann nicht stimmen, der Mann war schon seit Jahren verstorben.

      Als nächstes finden wir einige Merkwürdigkeiten, offensichtlich auf alt getrimmt Dinge, die aber aus neuerer Zeit stammen. Möglich ist ein Zusammenhang mit den von Ilona berichteten Verkaufsanstrengungen - Danke für den Link!

      Gruss
      Rolf
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    • Relikte, die keine sind?

      Wir treffen auf ein erstes Sign, das auf Steamboat Point zeigt, diesen aber falsch als Steamboat Butte bezeichnet. Der zweite Pfeil ist mit Factory Butte beschriftet, steht auch ungefähr in der richtigen Richtung.



      Im Hintergrund sieht man auch Bertha's Rock, der neben der UT 24 steht. Benannt ist er nach der Tochter des Bishop Giles.

      Man fragt sich unwillkürlich, warum die ehemaligen Bewohner der Town solche für sie unsinnige Schilder aufgestellt haben sollten?

      Ein Stück weiter dann das:



      Eine Ghost Ranch gab es hier nie. Das Ganze erinnert stark an Staffage aus einem C-Movie Western.



      Dass es an dieser Stelle einen Irrigation Ditch gab dürfte der Phantasie entsprungen sein. Den Ort gab es 1880 noch nicht.

      Kurz hinter dem Steamboat Point trifft man auf eine Wegegabelung bei 12S 0512815 4244955. Links geht es zur eigentlichen Town Site, rechts in das Town Wash Valley. In Letzterem findet sich auch eine Spur, die wir vor Jahren übersehen hatten ( "No particular place to go!" ) Neben den Wegen steht dieses landwirtschaftliche Gerät:


      Auch das eine plumpe Geschichtsklitterung. Die Maschine - ein Kartoffelernter - hat nichts mit Giles zu tun, wurde in der hier gezeigten Form erst ab den frühen 1930er Jahren produziert. Zu dieser Zeit war die Gegend schon längst nicht mehr fruchtbar.

      Daneben gibt eine weitere Tafel einen kleinen Hinweis auf das wahre Gestehungsdatum der Signs und möglicherweise auch auf den Zeitpunkt, an dem die alte Maschine plaziert wurde: 2009



      Town Wash Valley und die Henry Mountains


      Der imposante Steamboat Point


      Wir fahren nach Süden, durchqueren den Wash - die Stelle ist dann nicht mehr ganz einfach für einen Pkw - die Berge kommen näher.


      Herny Mountains im Hintergrund

      The Cone





      Ein wenig Sonne macht die Stimmung freundlicher


      Die Spur - hier keine Road mehr! - bringt uns in wüster, einsamer Gegend zum Cemetary.

      Skyline Rim am Horizont


      Am Zaun des Cemetary


      Auch diese Schild dürfte wesentlich neueren Datums sein. Es findet sich in der Verkaufsanzeiuge wieder. Was in diesem Angebot per Bild suggeriert wird, hat mit der Realität nichts zu tun.


      Gruss

      Rolf
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    • Cemetary


      Am Friedhof steigen wir aus, besuchen die Gräber, die verstreut innerhalb einer mit einem Zaun eingefriedeten Fläche liegen.


      76 Jahre - unter den gegebenen Umständen ein stolzes Alter


      Typisches Mormonenfamiliengrab

      Der Mann überlebte seine beiden Frauen deutlich, beide starben jung mit 30 bzw. 31 Jahren. Ob Geburten dabei eine Rolle spielten?


      Auch Kinder wurden u.U. nicht alt

      Möglich dass Melven das Kind der einen Hunt-Ehefrauen war?


      Es finden sich auch sehr einfache Grabsteine - auch hier offenbar wieder ein Kind

      Nicht jede Familie hatte entweder das Geld für einen teuren Stein oder die besseren Steine wurden erst nachträglich gesetzt?


      Grabstein des verunglückten Bishops


      Das Grab seiner Frau - vermutlich die letzte Bewohnerin von Giles?


      Auch Nellie wurde nicht erwachsen.


      Kaum noch zu entziffernde Schrift


      Grabplatte mit LDS-Zeichen


      Vermutlich auch ein Grabstein


      Ein Teil des Gräberfelds - die Grabstätten liegen verstreut


      Tumble Weed passt zur melancholischen Stimmung

      The Cone mit ein wenig Sonne - gleich wird die Stimmung besser!

      Wir kehren zur Wegegabelung mit der Kartoffelerntemaschine zurück, nehmen die zweite Spur. Am Rand des Town Washs finden wir ein Holzkreuz:


      Blue Valley Memorial Giles

      Es sind Geburts- und Sterbejahre von (wahrscheinlich) Einwohnern von Giles eingeschnitzt. Ob es wirklich alt ist?


      Town Wash

      Der Weg führt noch weiter, wir entscheiden uns für die Umkehr.

      Nachtrag zur Verkaufsofferte:
      Ein Käufer müsste mit vielen Widrigkeiten fertig werden. Das Gelände hat kein Wasserrecht, die angegebene artesische Quelle ist offenbar unzuverlässig. Hinzu kommen versalzte Böden, die Landwirtschaft nicht zulassen und auch Viehzucht kaum erlauben.

      Gruss
      Rolf
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    • Wir waren im April 2018 dort. Hier ein Auszug aus meinem Reisebericht:

      Zwischen Hanksville und Caineville, so beim Milepost 110, bogen wir nach links in die Giles Road (erkennbar am Gerümpel neben der Straße) ab.



      Bald nach dem Schild geht es durch den Fremont River.



      Unser Ziel war die Giles Ghosttown, die schon länger zum Verkauf steht. Nein , wir wollten kein Rentnerdomizil erwerben, sondern einfach mal schauen.

      Hier entlang verlief anscheinend die Bewässerungsleitung.



      Der Wegweiser war schon in die Knie gegangen,



      aber Heiko hat ihn wieder aufgestellt.



      Ein paar Meilen weiter lag der nächste Wegweiser über dem Weg in die Wash und auch der wurde wieder verankert.





      Jetzt war zwar der Weg nach unten in die Wash frei,



      doch von dort aus, auf die andere Seite nach oben, von einer Flashflood total zerstört.

      Tja, wie soll man sich ein Grundstück anschauen, wenn die Zufahrt weggeschwemmt wurde.

      Wir machten uns auf den Rückweg



      und hatten mal einen anderen Blick auf den Factory Butte, der mir irgendwie immer wieder gefällt.



      Auch der Rückweg führte uns wieder durch den River.

      Liebe Grüße

      Ilona

      "Man muss viel laufen. Da man, was man nicht mit dem Kleingeld von Schritten bezahlt hat, nicht gesehen hat" (Erich Kästner)

    • Ilona schrieb:

      Der Wegweiser war schon in die Knie gegangen,



      aber Heiko hat ihn wieder aufgestellt.
      Nette Menschen gibts halt! :peace: Da spart sich der Möchtegern-Verkäufer den Aufwand, seine Phantasieschilder selbst zu reparieren.

      Ilona schrieb:

      Ein paar Meilen weiter lag der nächste Wegweiser über dem Weg in die Wash und auch der wurde wieder verankert.
      Wegweiser ist das aber nicht, das ist das Blue Valley Memorial, ein Gedenkkreuz. Der Weg daneben führt im Übrigen nicht zur ehemaligen Townsite, sondern ended am Fremont River. Die Townsite lag deutlich westlicher. Man kann die Abzweigung dorthin nahe der Spitze des Steamboat Points finden.

      Die alte Maschine ist ortsmässig ein Fake, sie stammt aus den 1930er Jahren, da war Giles schon längst Geschichte und die Böden für Landwirtschaft ungeeignet. Das Ding ist im Übrigen ein Kartoffelernter (Oliver Potato Digger) Mehr Info dazu im Internet.

      Ilona schrieb:

      und hatten mal einen anderen Blick auf den Factory Butte, der mir irgendwie immer wieder gefällt.
      :super:

      Ilona schrieb:

      Auch der Rückweg führte uns wieder durch den River.
      ....wenn man nicht die südliche Zufahrt nimmt, die zurück nach Hanksville führt.


      Ilona schrieb:

      (erkennbar am Gerümpel neben der Straße)
      Vorsicht, das "Gerümpel" ist bewohnt. Der Weiler hat den netten Namen Elephant.

      Gruss
      Rolf
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