Rescue me!

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    • Da im Forum zur Zeit nicht sehr viel los ist, stelle ich mal eine Geschichte ein, die aufzeigt, was einem so alles off pavement über den Weg laufen kann.



      Rescue me!

      Wir waren nahe der Factory Butte auf der Coal Mine Road unterwegs, kamen vom Skyline Rim, hatten noch Zeit bis zum Abend. Was konnten wir noch unternehmen? Für die lange Tour über die Clay Hills Road in Richtung Goblin Valley war es zum einen dann doch zu spät und wir hatten in diesem Bereich Regen niedergehen sehen. Nassen Clay sollte man meiden, also auch das ein Gegenargument!

      Da war doch noch diese, für die Road namensgebende Coal Mine, an der wir schon so oft vorbeigefehren waren. Wahrscheinlich kein Top-Highlight, aber unsere Neugier war geweckt. Weit war es eh nicht, so um die 4 Meilen.

      Nach knappen 3 Meilen überquert die zumeist sehr gute Gravel Road den Coal Mine Wash, dierekt daneben zweigt der Trail ab, der einen durchs North Caineville Reef in Richtung Cathedral Valley führen kann. Diese eindrucksvolle Strecke - ein selten genutzter Byway zur UT 24 - kannten wir schon recht gut, sie hätte uns aber noch weiter von Moab weggeführt.

      Als wir den Abzweig zum Trail erreichen bietet sich uns ein merkwürdiges Bild. Da steht eine Leiter mitten auf der Road!


      Ladder on the Road


      Merkwürdig, was bedeutet das denn? Ich erkläre es mir so: Da hinten sind irgendwelche Leute zugange und haben den Abzweig für noch Nachfolgende markiert. Normalerweise nimmt man dazu gerne Pappteller, die man an Bäume nagelt oder auch farbige Bänder. Hier ist aber weit und breit kein Baum!

      Wir fahren weiter, biegen nach rechts (Osten) zur Coal Mine ab. Nach kurzer Wegstrecke stehen wir am Rand der Open Pit Mine. Zwischen 1908 und 1984 wurde hier immer wieder phasenweise Kohle abgebaut; erst für den Hausgebrauch in Caineville, Hanksville und den anderen kleinen Gemeinden im Blue Valley, z.B. Giles


      Coal Mine

      Wie gesagt keine weltbewegende Sehenswürdigkeit, aber wenn man sich mit Landschaft und Geschichte beschäftigt kann man sich auch sowas mal ansehen.

      Wir fahren zurück in Richtung Ut 24. Die ominöse Leiter steht immer noch. Lady schaut genauer auf den kleinen Trail und meint dann da habe wohl jemand ein Problem! Nachschauen! Wir finden einen 5 Tonnen Truck, der tief im schlammigen Boden festsitzt. Der Fahrer - Allan aus Salt Lake oder Umgebung - hat schon gegraben, war aber erfolglos gewesen. Der Truck steckte jetzt eigentlich noch tiefer drin.


      Der Truck sitz fest. Allan ist der Linke!


      Kurze Begrüssung, abchecken der Lage. Allan war rechts zu nah an einen wasserführenden Graben geraten, dessen Ränder unter dem Fahrzeuggewicht einbrachen und den Truck immer weiter nach rechts zogen bis er festsass. Da half auch nicht mehr, dass der Fuso Allradantrieb hatte.

      Allan erzählt, dass vor einiger Zeit schon mal jemand nach ihm geschaut hätte, dann aber der Meinung war, sein Vehikel wäre ungeeignet den Truck rauszuschleppen. Er wollte aber in Hanksville Bescheid sagen, dass es hier draussen einen Havaristen gäbe. Passiert war bislang nichts. Er hatte aus lauter Verzweifung alleine weiter gemacht, arbeitete jetzt schon seit Stunden. Mit Werkzeug war er sehr gut ausgestattet, aber meiner Meinung nach mit der falschen Taktik am Werk. Ausgraben hilft in der Situation nicht, die Kiste sackt nur immer tiefer ein.

      Gelernt hatte ich das und einiges mehr "the hard way" vom Besitzer der S&S-Garage in Green River, als wir nach einem ähnlichen Fahrfehler meinerseits im Muddy Creek innerhalb des Reefs feststeckten und im Fluss im Fahrzeug übernachten mussten. Ich bin noch heute dankbar was ich bei ihm abschauen konnte.

      Zugegeben, in den Schlampes wollte ich nicht, war auch nicht nötig, das machte Allan schon. Bei ihm konnte man nicht mehr viel schmutziger machen. Ich erklärte ihm, das Fahrzeug müsste Angehoben werden und festes Material unter die Räder.

      Beratschlagen und Bestandsaufnahme

      Allan fragte, ob wir ihn freischleppen könnten? Hm, da war ich skeptisch, schliesslich war der Truck sehr viel schwerer als unser Jeep Wrangler Rubicon und mir war nicht klar, ob auf diesem Untergrund genug Zugkraft möglich war.


      Angefangen wird hinten

      Weil man am Heck besser rankommt wird der Truck erst einmal hinten hochgehoben. Der Unterfahrschutz hilft dabei, dass die License Plate verformt wird - who cares!

      Links schauts ganz gut aus - rechts nicht! (Die Reifen sind nicht optimal fürs Gelände, aber das ist jetzt nicht zu ändern!)


      Mit Hydraulikheber - unverzichtbar off pavement - wird das Fahrzeug nun vorn angehoben.

      Unter das rechte Vorderrad kommen Steine, die Allan schon zuvor herbeigeschfft hatte. An der Stelle gabs davon nichts. Theoretisch siehts jetzt schon besser aus.
      Auch Straps hat er an Bord und der, den er anschleppt soll für 30 Tonnen gut sein. Der Gurt kommt links an den Jeep and rechts an den Truck um die Zugkraft vom Graben weg wirkeln zu lassen.

      Noch nichts gespannt.

      Ich vereinbare mit Allan, dass er erst Gas gibt, wenn er fühlt dass sich der Truck durchs Ziehen bewegt. Auch das hatte ich in der Vergangeheit erst lernen müssen. Er steigt ein, startet die Maschine. Lady dokumentiert von der Seite. Vorsicht vor gespannten Straps, die können bei Lösen oder Reissen zu tödlichen Geschossen werden!


      Let`s go!

      Erst einmal schalte ich in Four Low, aktiviere die Vorder- und Hinterachssperren des Rubicon - ein normaler Wreangler hat sowas nicht - , bevor der Gurt langsam straff gezogen wird.

      Mal sehen, was der Jeep kann?

      Mit Gefühl Gas geben, Geschwindigkeit ist nicht gefragt. Ich merke, wie sich Spannung im Gurt aufbaut und dann plötzlich wieder löst. Der Blick in die Spiegel zeigt mir - es hat funktioniert, der Truck ist frei. Ein kurzes Stück schleppe ich noch, bis er auf festem Boden steht.

      Geschafft!

      Der Gurt kann ab!

      Wir sind froh, dass alles so gut funktioniert hat. Allen bedankt sich, wir fragen, ob wir noch etwas tun können? Ein- bzw. Aufräumen will er selbst. Wenn wir durch Hanksville kommen, könnten wir versuchen Bescheid zu geben, dass das Problem behoben sei. Versprechen wir, wünschen uns gegenseitig weiter viel Glück und jeder geht seines Weges. Wir sind ja alle wegen der Einsamkeit hier draussen!

      Zurück zur Coal Mine Road und in Richtung Süden zur UT 24. Nach kurzer Fahrtstrecke kommt uns ein Towing Truck entgegen, gibt Zeichen, dass er mit uns reden möchte. Ein jüngeres Paar sitzt drin, er fährt, sie ist co-driver.

      "Hi, hier soll sich irgendwo ein Truck festgefahren haben?" "Ja, hat sich, aber der ist inzwischen wieder ok!" Ich erkläre noch, dass das Ganze auf der Coal Mine Wash Road geschehen ist. Leute aus Hanksville wissen auch ohne weitere Erklärung wo das ist. Das wollen die beiden sich selbst auch mal ansehen.

      Wir verabschieden uns, der Towing Truck fährt weiter nach Norden. Sicher wird er Allan noch beim Aufräumen antreffen.

      Wir sind Wochen später schon wieder in Deutschland, als wir übers Internet Allan's Darstellung erfahren. Ja, die Towing People haben ihn noch angetroffen, er hat sie auch für ihren Aufwand bezahlt. Und dann hat er berichtet, ein paar Deutsche hätten ihn mit ihrem Jeep Wrangler aus dem Dreck gezogen! Das Paar aus dem Towing Truck muss ziemlich ungläubig geschaut haben, aber die Spuren sprachen für sich!

      Sachen gibts! Dem Wrangler gebührt natürlich auch unsere Anerkennung!

      Gruss
      Rolf
      Desert Drunk and Red Rock Crazy Stories aus dem amerikanischen Südwesten

      Dieser Beitrag wurde bereits 2 mal editiert, zuletzt von hatchcanyon ()