Into the Wild – 12 Tage Winter Solo Trip im Südwesten

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    • Tag 7 (08.12.2017): Sunrise im Coral Pink Sand Dunes State Park

      Der Wecker klingelt um 5:45 Uhr und ich merke: Die Medikamente haben so überhaupt gar nicht geholfen, denn ich huste mir die Seele aus dem Leib. Ich hoffe das wird im Laufe des Tages wieder besser und es ist nur morgens und abends so schlimm, ich hab keine Zeit für sowas.

      Ich mache mich schnell fertig, ziehe mich warm an und sitze um 6:15 Uhr im Auto, das Frühstück muss heute ausfallen, denn das startet ja erst um 6:30 Uhr. Ursprünglich wollte ich mal zum Sonnenuntergang in den Coral Pink Sand Dunes State Park, dazu werde ich allerdings an keinem Tag Zeit haben, also muss es eben der Sonnenaufgang tun. Vielleicht ist der ja auch schön und Hauptsache ich bin mal da gewesen.

      Ich fahre über Colorado City und das Navi schickt mich irgendwann auf eine kleine Seitenstraße in Richtung State Park. Laut Schild wird die irgendwann unbefestigt, das passiert aber komischerweise nicht. Es ist noch sehr dunkel als ich um 6:45 Uhr ankomme und meine 8 Dollar Eintritt per Selfpay zahle. Das finde ich ganz schön viel im Verhältnis zu anderen State Parks, denn viel bekommt man hier nicht geboten.



      Ich bleibe noch ein paar Minuten im Auto, nehme eine leere Plastiktüte aus dem Walmart und räume den ganzen Müll aus dem Auto da rein... Meine Güte hat sich da wieder viel angesammelt in den letzten Tagen. Vor allem leere Wasserflaschen. Hier auf dem Parkplatz steht ein großer Müllcontainer, daher ist die Gelegenheit grad super und Zeit habe ich auch noch. Schweinekalt ist es übrigens auch.



      Ich bin der einzige Besucher im Park und ich bin mal gespannt, wie weit die Sonne kommt während ich hier bin. Ich habe ehrlich gesagt keine Ahnung, ob ich überhaupt genügend Zeit habe, denn eigentlich will ich sehen wie die Dünen von der Sonne angeleuchtet werden. Wenn ich mich jetzt hier aber umsehe, dann sehe ich jede Menge Berge um mich herum... Naja, wenn ich früher fahren muss, dann ist es eben so, denn Priorität hat ja immer noch die Wave Lotterie, wo ich mich um 8:30 Uhr einfinden muss.

      Ich wickel mir den Schal um den Hals, ziehe die Handschuhe an und mache mich auf den Weg in die Dünen. Der Himmel hat bereits eine schöne Färbung und endlich hat der Wind auch mal etwas Gutes: Von den gestrigen Quad Spuren ist nichts zu sehen, denn das Fahren ist im Park täglich ab 10 Uhr morgens erlaubt. Der Sand ist unberührt und es macht tierisch Spaß hier die ersten Spuren zu hinterlassen.





      Es ist teilweise echt anstrengend auf den hohen Dünen rumzulaufen. Manchmal nehme ich oben Anlauf, um mit Schwung auf die nächste Spitze zu kommen. Das macht unglaublich Spaß und hat den Vorteil, dass ich immerhin ein bisschen wärmer werde. Meine Finger fangen trotz Handschuhen an abzufrieren als sich die Sonne endlich um 7:40 Uhr am den Bergspitzen blicken lässt. Zu dem Zeitpunkt bin ich schon seit einer Stunde im Park, aber besser zu früh als zu spät. Allerdings müsste ich um 8 Uhr weiterfahren und ich glaube nicht, dass es die Sonne in 20 Minuten bis zu den Dünen runterschafft.







      Wie erwartet, es wird nichts, denn ich muss wirklich dringend los. Das ist aber gar nicht so schlimm, ich fand es trotzdem sehr schön hier und so langsam bin ich eh ein Eiszapfen und freue mich auf die Heizung im Auto. Auf nach Kanab, die Lotterie wartet nicht!

    • lunchen schrieb:

      Lose oder bröckelige Steine gab es da eigentlich gar nicht, sicher das es die gleiche Stelle war?
      Nein, da bin ich mir nicht sicher. Wir sind vom Hauptweg aus nach links gegangen und da war es am Rim nicht so steil.

      Bei 0:33 siehst du kurz unseren Abstieg:

      Liebe Grüße

      Ilona

      "Man muss viel laufen. Da man, was man nicht mit dem Kleingeld von Schritten bezahlt hat, nicht gesehen hat" (Erich Kästner)

    • Tag 7 (08.12.2017): Wave Lottery die 2. und Fahrt zum Bryce

      Pünktlich um 8:30 Uhr fahre ich auf den Parkplatz des Visitor Centers in Kanab und anders als gestern ist es heute schon schwierig einen Parkplatz zu finden. Es ist schon deutlich voller, aber das war zu erwarten. Heute ist Freitag und im Winter gibt es am Wochenende keine Lotterie, daher wird heute für Samstag, Sonntag und Montag gelost. Die Chancen stehen besser dadurch, es sind zwar deutlich mehr Menschen da, aber halt nicht 3x so viele wie gestern.

      Nach dem gleichen Vortrag wie gestern - und zwar wortwörtlich - gehe ich als eine der ersten in den Lotterie Raum. Ich muss keinen neuen Antrag ausfüllen, nur nach vorne zu Ranger Kay gehen und ihm meine Nummer von gestern sagen. Er ändert dann einfach die Nummer von meinem alten Antrag von 11 auf 4, da ich als 4. zu ihm komme und wirft die entsprechende Kugel in die Trommel. Vorher überhole ich schnell noch einen schlecht gelaunt guckenden Herrn, der daraufhin die Nummer 5 bekommt.

      Die Lotterie läuft heute so ab: Es werden alle Anträge in eine Lostrommel geworfen und dann wird zuerst für Samstag gezogen, dann für Sonntag, dann schließlich für Montag. Wenn jemand an einem der Tage nicht kann, aber gezogen wird, so muss er das Permit ablehnen und er wird zurück in die Lostrommel geworfen um bei den anderen Tagen weiterhin teilzunehmen. Wir werden eindringlich darum gebeten, die Permits abzulehnen, wenn wir nicht können, da es genug Leute gibt die sich darüber freuen. Die Tage am Ende mit anderen Gewinnern tauschen zu wollen ist nicht erlaubt. Eigentlich kommt für mich nur Samstag und Sonntag in Frage, entscheide mich aber, auch für Montag anzunehmen wenn es so kommen sollte. Zur Not muss ich halt umbauen, ich würde es nicht verfallen lassen.

      Es geht los...



      Der Samstag ist schneller weg als ich gucken kann. Es wird direkt zu Beginn eine Vierergruppe gezogen und dann 3 Zweier Gruppen... Unter anderem Losnummer 3, also eine vor mir. So ein Mist!

      Was passiert eigentlich, wenn 8 Permits weg sind und eine Dreier Gruppe gezogen wird? Ganz einfach, denn hier ist man sehr konsequent mit den 10 Permits. Diese Dreier Gruppe kann sich entweder einen aussuchen, der zuhause bleiben muss oder alle lehnen gemeinsam ab "and keep harmony in your relationship", wie Kay so schön zu sagen pflegt.

      Warum erzähle ich das? Ganz einfach. Weil ich bei der Ziehung für Sonntag dann doch etwas angepisst bin. Es kommt so aus, dass am Ende 9 Permits weg sind und ich freue mich schon innerlich, denn so weit ich das beurteilen kann, ist nur eine weitere Person alleine hier und das ist meine große Chance. Dachte ich kurz. Denn plötzlich sagt Kay, dass jetzt eine Ausnahme in Kraft tritt und das niemand gezwungen wird alleine zur Wave zu gehen, außer wenn man sich sowieso alleine angemeldet hat und gewinnt. In diesem Fall sind 11 Permits erlaubt und eine Zweier Gruppe gewinnt natürlich. Also... DAS finde ich jetzt wirklich unfair und inkonsequent. Wenn man das schon so knallhart durchzieht, dann auch bitte komplett. Aber nicht nur das, nein, der letzte Gewinner für Sonntag ist kein geringerer als die mies gelaunte Nummer 5, die ich so eben noch überholt habe. Ich bin so sauer auf mich... Hätte ich mich doch einfach hinter ihn gestellt, dann wäre das meine Nummer gewesen. AAAAAAAAH :schimpfen:

      Jetzt bleibt nur noch der Montag und der passt mir eigentlich überhaupt nicht, aber ich bleibe widerwillig sitzen, einige verlassen den Raum bereits. Die ersten drei Nummern die gezogen werden, sind dann auch tatsächlich nicht mehr anwesend und konnten offenbar nur am Wochenende. Die nächsten Gewinner nehmen allerdings an und wieder habe ich kein Glück, es soll halt nicht sein. Jetzt habe ich wenigstens Gewissheit und kann die restliche Zeit ohne Lotterie verplanen - Keine Wave für mich auf dieser Reise.

      Heute folge ich dem Plan, der in meinen Unterlagen steht und mache mich jetzt auf direktem Weg auf zum Ziel für heute: Dem Bryce Canyon National Park. Ich hatte ursprünglich hier auf Schnee gehofft, kalt genug wäre es auch gewesen, aber ohne Wolken gibt das wohl leider nichts.

      Auf dem Weg liegen extrem viele tote Rehe neben der Straße, das nimmt mich irgendwie immer ziemlich mit und kommt mir diesmal auch viel mehr vor als beim letzten Mal. Es ist eine schöne Strecke...





      Als die ersten roten Felsen auftauchen ist es nicht mehr weit. Wie schön es hier einfach ist - und kalt.





      Und angekommen.



      Ich zeige meinen Pass, bekomme das Infomaterial und fahre erst einmal durch zum Visitor Center.



      Bevor ich die lange Wanderung starte muss eine Toilette her und den Shop kenne ich auch noch nicht. Ich kaufe allerdings nichts, sondern gehe nach der Pinkelpause schnell zurück zum Auto. Ich will wandern und freue mich drauf!
    • lunchen schrieb:

      und wieder habe ich kein Glück, es soll halt nicht sein.
      :trost: Das ist mehr als schade, denn du hast vollen Einsatz dafür gebracht. Ich hätte die lange Anfahrt nur einmal auf mich genommen.

      Pech im Spiel - aber hoffentlich Glück in der Liebe ;) .
      Liebe Grüße

      Ilona

      "Man muss viel laufen. Da man, was man nicht mit dem Kleingeld von Schritten bezahlt hat, nicht gesehen hat" (Erich Kästner)

    • Nefertari schrieb:

      Das tut mir wirklich Leid für Dich, so ein Pech aber auch :trost: Wenigstens hast Du trotzdem ein schönes Ziel zum Ansteuern; der Bryce Canyon ist traumhaft! Da wäre ich im letzten Sommer so gern auch gewandert, aber das hat zeitlich leider nicht gepasst. Bin gespannt, wie es weiter geht! LG

      Ja, das war echt Pech... Aber naja, es hat eben nicht sein sollen und die Gegend hat ja auch ohne Wave genug zu bieten. Wie du schon sagst, der Bryce ist auch absolut toll, auch wenn der so oder so geplant war :D

      RoBald schrieb:

      wirklich ärgerlich, dass es mit der Lotterie nicht geklappt hat. Dann wird auch noch ausgerechnet die Nummer 5 gezogen.

      Man weiß es halt voher nicht, leider.
      Zum Glück gibt es ja in der Gegend genügend andere tolle Möglichkeiten, seine Tage zu gestalten auch ohne Wave.

      Das mit der Nummer 5 hat mich eigentlich noch viel mehr geärgert als die Tatsache das ich verloren habe generell. Aber naja, ich bin ja noch jung und irgendwann werde ich das schon schaffen mit der Wave... Auch wenn der Andrang immer größer wird und die Chance immer geringer. Ich habe jetzt für Mai online mitgemacht und auch wieder verloren. Aber da habe ich nichts anderes erwartet, dass waren 600-700 Teilnehmer pro Tag.

      Bosley schrieb:

      Hättest du ihn nicht überholt wäre wahrscheinlich die vier an die Reihe gekommen...

      Ja, ist ja immer so... Murphys Gesetz eben.

      Ilona schrieb:

      lunchen schrieb:

      und wieder habe ich kein Glück, es soll halt nicht sein.
      :trost: Das ist mehr als schade, denn du hast vollen Einsatz dafür gebracht. Ich hätte die lange Anfahrt nur einmal auf mich genommen.
      Pech im Spiel - aber hoffentlich Glück in der Liebe ;) .

      Naja, so lang ist die Anfahrt ja nun auch nicht und an dem Tag habe ich die ja durch die Dünen verkürzt bzw. unterbrochen. Ich bin am Freitag auch nur nochmal hin wegen der 3fachen Chance, am Donnerstag wollte ich ja erst gar nicht... War ja nur aus der Not, weil es für das eigentliche zu windig war.
    • lunchen schrieb:

      Das mit der Nummer 5 hat mich eigentlich noch viel mehr geärgert als die Tatsache das ich verloren habe generell. Aber naja, ich bin ja noch jung und irgendwann werde ich das schon schaffen mit der Wave... Auch wenn der Andrang immer größer wird und die Chance immer geringer. Ich habe jetzt für Mai online mitgemacht und auch wieder verloren. Aber da habe ich nichts anderes erwartet, dass waren 600-700 Teilnehmer pro Tag.
      Sieh das nicht zu eng. Ich sag mir da immer: für den Moment sieht es zwar so aus, dass Du mit der Nummer 5 gewonnen hättest, aber tatsächlich weiß man das gar nicht - vorher ja sowieso nicht.
      Aber die Kugeln wären zu anderen Zeitpunkten, auf andere Weise in der Lostrommel gelandet, jede Winzigkeit hätte den Ausschlag geben können und wer weiß, vielleicht hätte dann die Nummer 4 gewonnen ;).
    • Tag 7 (08.12.2017): Fairyland Loop Teil 1

      Bei der Planung der Reise für diesen Mai hatte ich beim Bryce Canyon National Park einen langen inneren Konflikt. Bei Dominiks und meiner 2015 Reise haben wir ganz Ersttäter-typisch die beliebte Kombination aus Navajo Loop und Queens Garden gemacht und jetzt gibt es zwei weitere Trails, zwischen denen ich mich nicht so recht entscheiden konnte. Figure 8… Fairyland Loop… Figure 8… Fairyland Loop… Nach langem hin und her habe ich mich für Mai für den Figure 8 Loop entschieden, der eine Kombination aus Navajo Loop, Queens Garden und Peek-a-Boo Loop ist. Hier sieht es einfach Bryce typischer aus als auf dem – dafür einsameren – Fairyland Loop und das ist für den ersten Besuch mit Sicherheit eindrucksvoller.

      So viel zur Vorgeschichte. Als dann klar war, dass ich im Dezember nach Utah komme musste ich nicht lange überlegen – Der Fairyland Loop muss her! Alles was ich über den Trail weiß ist, dass er recht wenig frequentiert ist, nicht im Hauptamphitheater liegt und 13km lang ist – sollte kein Ding sein.

      Der Trailhead vom Fairyland Canyon liegt außerhalb der Parkgrenze, also fahre ich nach der Toilettenpause direkt wieder an den Kassenhäusschen vorbei und dann direkt nach rechts in die erste Stichstraße. Um 11 Uhr packe ich den Rucksack, verschließe das Auto und starte den Hike bei kühlen 7°C. Nur ein weiteres Auto parkt hier, aber das ist ja nicht die einzige Möglichkeit den Loop zu starten, denn auch am Sunrise Point kommt man vorbei. Ich bin gespannt ob ich jemanden treffen werde…



      Mein Weg führt mich zuerst zur Tower Bridge, dann zum Sunrise Point und dann über den Rim Trail oben an der Kante zurück zum Fairyland Point, an dem ich mich aktuell befinde.



      Ich erreiche nach wenigen Metern die Abbruchkante und kann das erste Mal seit zwei Jahren einen Blick in den beeindruckenden Bryce Canyon werfen. Hier ist es nicht ganz so imposant wie am Sunrise oder Sunset Point, aber dennoch beeindruckt und begeisert mich der Ausblick wieder von Anfang an.



      Wie die anderen bekannten Trails, windet sich auch der Fairyland Loop direkt zu Beginn steil in den Canyon hinab.



      Ich betrete nun die Bryce Canyon Wilderness Area. Das klingt ja schon abenteuerlich und nicht sonderlich überlaufen.



      Tiefer und tiefer schraubt sich der Trail in die Tiefe, bis ich nach kürzester Zeit bereits am Canyon Boden angekommen bin. Die vielen toten Bäume in der einmaligen Kulisse geben ein tolles Fotomotiv ab.




      Am Canyon Boden sieht es direkt ganz anders aus. Ich sehe zunächst nicht mehr viele der berühmten Hoodoos, dafür laufe ich jetzt durch eine verwunschene Waldlandschaft, hier und da ragt ein imposanter roter Felsen in die Höhe, und es riecht herrlich nach Wald und Nadelbäumen. An dieser Stelle macht das Märchenland seinem Namen alle Ehre. Es ist absolut gottverlassen hier unten und mal wieder totenstill. Ich halte erstmal an, trinke einen Schluck und stopfe meine Jacke in den Rucksack – schon erstaunlich welche Temperatur Unterschiede zwischen Rim und Canyonboden herrschen.





    • Tag 7 (08.12.2017): Fairyland Loop Teil 2

      Es ist einfach traumhaft schön und abwechslungsreich hier unten, der Trail windet sich mal durch den Wald, mal an tollen Felsformationen vorbei. Dabei geht es aber nicht nur ebenerdig voran, der Trail ist selbst hier am Boden schon sehr hügelig.





      Um 12 Uhr, also nach genau einer Stunde, ist der Spaß allerdings vorbei und der Trail zieht heftig an. Es geht nicht nur ein kleines bisschen hoch, sondern auf kürzester Strecke erreicht man fast wieder Rim Höhe und wird dafür dann aber mit einer grandiosen Aussicht belohnt.





      Der Trail bleibt jetzt zunächst auf der Höhe und führt immer wieder über schmale Bergkämme mit tollen Aussichten und dann wieder durch ein Wunderland aus roten Felsen und Hoodoos. Auf den schmalen, ungeschützten Abschnitten weht ein relativ starker Wind und mir wird immer kurz wieder recht kühl. Es lohnt sich aber nie die Jacke wieder anzuziehen, da es nie besonders lange Passagen sind.



    • Tag 7 (08.12.2017): Fairyland Loop Teil 3

      Das folgende ist eines meiner Lieblingsbilder vom Trail.



      Es bleibt zunächst auf der Höhe. Übrigens habe ich hier – genau wie am Trailhead – witzigerweise wieder volles Handynetz. Das verabschiedet sich immer, sobald es mal ein paar Meter runtergeht und kommt dann zwischendurch wieder.





      Wer jetzt dachte, man hat damit alle Höhenmeter überwunden, da man ja wieder auf Rim Höhe ist, der hat sich geschnitten. Der Trail windet sich in steilen Serpentinen nun wieder komplett runter auf den Boden des Canyons.



      An den Serpentinen (von denen ich leider kein Bild habe) kommen mir zwei Mädels entgegen, ob die vielleicht die Besitzer des zweiten Autos sind? Ich werde es nicht erfahren, denn die beiden scheinen an Smalltalk nicht interessiert zu sein… Auch gut. Unten angekommen gibt es direkt ein Hinweisschild auf die nahe liegende Tower Bridge.



      Ich kann mir darunter gar nichts vorstellen, also hin da!



      Aha. Das ist also die Tower Bridge!



      Das sieht ja echt schön aus und ist den Umweg von nicht einmal fünf Minuten auf jeden Fall wert. Den ersten Abschnitt des Trails habe ich nun also geschafft und um 13 Uhr beginnt mein Aufstieg zum Sunrise Point.



      Was? Aufstieg? Ich bin doch vor nicht einmal 10 Minuten erst von Rim Höhe komplett hier runter gerannt?! Ja, richtig. Der Fairyland Loop ist nicht gerade das, was ich als unanstrengend bezeichnen würde. Bei den anderen Trails (Navajo / Queens Garden) steigt man einmal ab, läuft dann unten ein bisschen rum und dann einmalig wieder hoch – hier nicht. Jetzt weiß ich auch, wieso der Fairyland Loop mit Strenuous angegeben ist und die anderen eben nicht.

      Tja dann… wollen wir mal wieder nach oben in Richtung Rim.



      Um 13:25 erreiche ich beim Aufstieg einen größeren Stein auf den ich mich jetzt erstmal setze und die erste Pause mache. Nach 2,5 Stunden und den überwundenen Höhenmetern kann man sich das mal gönnen, finde ich. Ich trinke eine kleine Flasche Wasser leer und esse das letzte Knoppers aus Deutschland.

      Lange ruhe ich mich aber nicht aus, ich möchte zumindest mal wieder den Rim erreichen und verlasse kurze Zeit später wieder die Wilderness Area. Jetzt bin ich wohl wieder in der „Zivilisation“ angekommen.



      Um 13:35 Uhr erreiche ich dann quasi schon den Sunrise Point und muss dem Rim Trail jetzt noch 2,5 Meilen (also 4km) bis zum Fairyland Point folgen. Wer jetzt also dachte wir sind bald wieder am Auto – nö, das ist schon noch ein Stück.

    • Tag 7 (08.12.2017): Fairyland Loop Teil 4

      Jetzt geht es bestimmt flach weiter – ist ja nur noch am Rim entlang. Haha…hahaha…hahahaha. Nein. Der Rim Trail stiegt erstmal schön an und dieser Felsen muss überquert werden.



      Oben angekommen hat man einen tollen Ausblick. Auf der rechten Seite hat man grandiose Einblicke in den Bryce Canyon und links hat man eine schöne Weitsicht.



      Die restliche Strecke führt über ein eher karges Plateau mit vielen abgestorbenen Bäumen. Auf den ersten Blick sieht es etwas trostlos auch, aber auch hier gefällt es mir sehr gut. Der Loop ist insgesamt wirklich sehr abwechslungsreich und wird nicht langweilig.





      Um 14:45 Uhr erreiche ich den Parkplatz und habe insgesamt für die 13km 3:45h gebraucht, anstatt meiner geplanten 5 Stunden. Das stimmt mich für morgen sehr optimistisch, auch das meine Erkältung mich tagsüber in Ruhe lässt, den verglichen mit den Plänen für den nächsten Tag war das heute nur ein lockeres warm laufen. Obwohl man die dünne Luft hier oben gut merken kann haben mir die ganzen Steigungen weniger ausgemacht als befürchtet, ich fühle mich noch top fit. Außer den beiden Mädels zwischendurch habe ich auf dem gesamten Trail keinen weiteren Menschen mehr getroffen und ich kann den Fairyland Loop nur jedem empfehlen, der den Bryce schon kennt und sich den Touristen Massen etwas entziehen möchte. Aber nehmt genug zu Trinken mit und plant genug Zeit ein – so schön wie der Trail auch ist, er ist auch anstrengend. Im Sommer mit Sicherheit noch sehr viel mehr als jetzt.

    • RoBald schrieb:

      lunchen schrieb:

      Das mit der Nummer 5 hat mich eigentlich noch viel mehr geärgert als die Tatsache das ich verloren habe generell. Aber naja, ich bin ja noch jung und irgendwann werde ich das schon schaffen mit der Wave... Auch wenn der Andrang immer größer wird und die Chance immer geringer. Ich habe jetzt für Mai online mitgemacht und auch wieder verloren. Aber da habe ich nichts anderes erwartet, dass waren 600-700 Teilnehmer pro Tag.
      Sieh das nicht zu eng. Ich sag mir da immer: für den Moment sieht es zwar so aus, dass Du mit der Nummer 5 gewonnen hättest, aber tatsächlich weiß man das gar nicht - vorher ja sowieso nicht.Aber die Kugeln wären zu anderen Zeitpunkten, auf andere Weise in der Lostrommel gelandet, jede Winzigkeit hätte den Ausschlag geben können und wer weiß, vielleicht hätte dann die Nummer 4 gewonnen ;).

      Ja, eben... Aber der Typ hat mich halt echt genervt und der hat wirklich mies gelaunt geguckt.. Voll der Stinkstiefel :D
    • Bernd schrieb:

      Ja der Fairyland Trail hat uns auch sehr gut gefallen, wie bisher auch alle anderen Trails. Übrigens geht es auch auf dem Figure 8 ordentlich rauf und runter dafür ist er glaube ich nicht ganz so lang.

      Ja gut, einen flachen Trail habe ich dabei auch nicht erwartet :D Ich bin mal gespannt!
    • Tag 7 (08.12.2017): Patriotischer Sunset am Watchman

      Ich bin - wie jeden Tag der Reise bisher - mal wieder relativ weit vor meinem Zeitplan und überlege was ich jetzt mit dem restlichen Tageslicht anfange. Fahre ich vielleicht mal die Viewpoints vom Bryce ab?! Ich bin bisher im Park noch nicht über den Sunset Point hinaus gekommen... Ich entscheide mich aber dafür, noch einmal über den Zion Mt Carmel Highway durch den Zion zu fahren.

      Das Navi bietet mir die Strecke als Alternative nach Hurricane an, allerdings dauert es 30 Minuten länger. Das scheint Google Maps nicht zu passen, denn ständig ändert die App ungefragt die Route und will mich über den schnelleren Weg schicken. In Mt. Carmel Junction kann ich die Olle endlich ausmachen und die Fahrt durch den wunderschönen Zion National Park genießen. Diesmal mache ich auch keine Fotos während der Fahrt, die tief stehende Sonne blendet sowieso die meiste Zeit erbarmungslos.

      Ich halte noch einmal am Visitor Center und bin genau pünktlich für den beginnenden Sonnenuntergang. Hier steht - wie an jedem Visitor Center - eine große USA Flagge, die sich hervorragend vor dem Watchman macht.





      Nach diesem schönen Schauspiel gehe ich noch schnell am Visitor Center auf die Toilette und fahre dann weiter. Ich lasse mein Hotel mal wieder rechts liegen und rausche durch bis nach Hurricane, ich muss noch einmal zum Walmart. Hier kaufe ich noch ein paar Dinge nach, unter anderem Getränke. Außerdem wandert eine Flasche Gatorade in den Einkaufswagen, Rindfleischwürstchen von Beef Jerky und Nachos mit Dip. Die werde ich mir morgen als Belohnung definitiv verdient haben, sobald ich im Hotel zurück bin. Des weiteren plündere ich noch die Süßigkeiten Abteilung, denn TamiLa wartet auf ihr USA Fresspaket, sobald ich wieder zuhause bin. Naja... Eigentlich hat sie nur Peanut Butter M&Ms bestellt, aber wenn ich eh schon ein Paket schicken muss... :D

      Nach dem Einkauf fahre ich ins Hotel zurück, ich muss heute weder Tanken, noch etwas zu essen organisieren. Nach der heißen Dusche esse ich ein paar von den super genialen Würstchen und schmeiße mir den Burrito von gestern in die Mikrowelle... Lecker! Der Husten wird wieder sehr viel schlimmer und ich werfe mir zwei von den Medikamenten Kapseln ein. Das Licht geht heute schon um 20 Uhr aus, der Wecker geht früh. Sehr früh.
    • Tag 8 (09.12.2017): The Magic of Angels Landing Teil 1

      - Achtung, dieser gigantische, ausgeartete Berichtteil enthält überdurchschnittlich viel emotionales Gesülze -
      *RIIIIIIIIIIIIIIIIIIIIIIIIIIIIIIIIIIIIING*


      4:30 Uhr! Zeit zum Aufstehen! Trotz der frühen Uhrzeit komme ich schnell auf die Beine, denn ich bin etwas nervös. Ich blicke mit gemischten Gefühlen dem heutigen Tag entgegen. Schaffe ich das? Bin ich fit genug? Mute ich mir zu viel zu, besonders angesichts der schlimmer werdenden Erkältung? Ist das Vorhaben zu gefährlich? Wird das nicht gruselig, so alleine in der Dunkelheit? Wie werde ich emotional damit klar kommen? Aber ich freue mich auch drauf und sehe es als Challenge an mich selbst. Ja, es mag ein verrückter Plan sein, doch so bin ich eben und eigentlich weiß ich auch jetzt schon, dass ich es durchziehen werde und das Aufgeben keine Option ist.

      Der Start in den Tag wird kalt, ich ziehe mir tatsächlich eine lange Ski Unterhose unter die Wanderhose, ansonsten eben Tshirt, warmer Pullover und Jacke. Mütze, Schal und zwei paar verschiedene Handschuhe landen im Rucksack, zusammen mit meiner Stirnlampe und Ersatz Batterien. Ich ziehe mir noch schnell den, gestern bei Walmart gekauften, Starbucks Kaffee und die letzte Rindfleisch Wurst rein (Da bin ich schmerzfrei… Alles was mir nachmittags schmeckt geht auch um 4:45 Uhr morgens) und sitze um 5 Uhr im Auto. Die Fahrt in völliger Dunkelheit nach Springdale zieht sich, ich fahre aus Angst vor lebensmüden Rehen extrem langsam – vollkommen zurecht, denn auf der kurzen Strecke habe ich vier Stück mitten auf der Straße stehen. Nach einer weiteren Verzögerung, aufgrund der Baustelle im Ort, erreiche ich schließlich den Eingang zum Zion National Park.



      Mit einem heftigen Kribbeln im Bauch befinde ich mich nach kurzer Zeit am Abzweig zum Zion Canyon Scenic Drive, der Straße, die bis November nur mit dem Shuttle befahren werden darf. Jetzt, im Winter, ist der Canyon für Privatfahrzeuge freigegeben, ansonsten würde der Plan nicht funktionieren. Trotzdem habe ich irgendwie das seltsame Gefühl etwas Verbotenes zu tun. Kein Wunder, es ist rabenschwarze Nacht, ich bin es nicht gewohnt hier fahren zu dürfen und ich bin der einzige Mensch weit und breit.



      Um 5:50 Uhr erreiche ich die Haltestelle, bzw. den Parkplatz, „The Grotto“ und habe die Qual der Wahl, wo ich meinen Journey abstelle. Um ehrlich zu sein bin ich aber einfach nur froh, den Parkplatz überhaupt ausfindig gemacht zu haben. Es ist unglaublich WIE stockdunkel es hier ist.

      Ich packe ein paar Wasserflaschen in den Rucksack und drücke mir noch zwei oder drei Stücke Zitronenkuchen rein. Der Schal bleibt zunächst in der Tasche, aber die Handschuhe ziehe ich an und die Mütze setze ich auf, darüber kommt die Stirnlampe. So rutscht nichts und meine Ohren bleiben schön warm, es sind zur Zeit -4°C da draußen. Um Punkt 6 Uhr verschließe ich den Wagen und das Abenteuer beginnt.



      Was mache ich hier überhaupt? Angels Landing kenne ich doch bereits und wieso zum Sonnenaufgang? Ganz einfach… Nicht nur der Zion hat eine große Bedeutung für mich, sondern Angels Landing sogar noch mehr. Das war 2015 der Lieblingsort von Dominik und mir und wir haben im Park, der auch der Lieblingspark von uns beiden ist, die schönste Zeit überhaupt verbracht. Es wird seltsam sein, gleich ohne ihn dort oben zu stehen, aber irgendwie habe ich das Gefühl das machen zu müssen. Gleichzeitig habe ich die Hoffnung mit dem Sunrise dort oben etwas ganz Besonderes zu erleben und Angels Landing einmal, als einer der wenigen glücklichen Menschen, ganz für mich alleine zu haben.

      Ich überquere den Fluss über die Brücke und betrete mit einem flauen Gefühl im Magen den zunächst sandigen West Rim Trail – es ist jedoch kein negatives Gefühl. Ich sehe nichts, was sich außerhalb des Lichtkegels meiner Stirnlampe befindet, es ist bitter kalt und es sind keine Geräusche zu hören, außer das leise Rauschen des Virgin Rivers rechts neben mir. Weit komme ich zunächst nicht, denn als sich meine Augen an die Dunkelheit gewöhnt haben sehe ich, was ich da Unglaubliches vor mir habe. Ich bleibe kurz stehen, mache die Stirnlampe aus und genieße den überwältigenden und erhabenen Anblick der Silhouette von Angels Landing vor mir - unter einem unglaublichen Sternenhimmel, wie ich ihn bisher nur im Death Valley erleben durfte. Um den ganzen Kitsch noch perfekt abzurunden saust genau in diesem Augenblick eine riesige Sternschnuppe direkt über die Kuppe des Berges und es läuft mir eiskalt den Rücken runter – ich verstehe das mal als Einladung und als Bestätigung meines Vorhabens, allerdings ist das einer dieser seltenen Momente der Reise, in denen ich mir eine Begleitung wünschen würde, die den Moment mit mir teilt. Das Gefühl, das ich in dieser Sekunde habe, ist eigentlich gar nicht in Worte zu fassen und ich fange fast an zu heulen – eher ungewöhnlich für mich in solchen Situationen.

      Genug davon für’s Erste! Ich muss mich jetzt zusammenreißen und voran kommen, ansonsten wird das nichts mit dem Sonnenaufgang. Ich kenne den Trail schließlich und weiß daher, was da noch auf mich zukommt. Ich schalte die Stirnlampe wieder an und ziehe jetzt ohne Pause durch. Für Fotos ist es sowieso zu dunkel, das ist mein Vorteil in dem Moment. Der Sand wechselt zu Asphalt und die Steigung zieht in Serpentinen immer weiter an. Ich fühle mich absolut sicher auf dem Trail, auch in völliger Dunkelheit – ist ja schließlich befestigt. Ab und zu werfe ich einen Blick zurück auf den Scenic Drive in der Hoffnung keine Lichter von anderen Autos zu sehen und ich soll Glück haben, ich bleibe offensichtlich für’s Erste wirklich allein. Der anschließende Refrigerator Canyon zieht sich wie Gummi, meine Güte. So lang hatte ich diesen Abschnitt des Trails absolut nicht in Erinnerung. Um genau 6:43 Uhr, also nach etwas weniger als 45 Minuten, erreiche ich die berüchtigten „Walters Whiggles“: Kurze, aber viele und richtig ekelhaft steile Switchbacks. Bilder davon wird es dann auf dem Rückweg geben. Es nützt nichts, ich habe keine Zeit zum trödeln, ich beiße die Zähne zusammen und laufe in einem zügig durch nach oben, auch wenn mir dabei gut die Pumpe geht. Keine 10 Minuten später, um 6:52 Uhr erreiche ich schließlich den Scout Lookout. Hier ist für viele Wanderer Schluss, denn an diesem Ort beginnt der berühmte schmale Grat, der eigentliche Angels Landing Trail, bisher war ich nur auf dem West Rim Trail unterwegs. Ich habe mir vorher vorgenommen zügig bis hierher zu kommen und hier abzuwarten, bis es mir hell genug für die Ketten wird. Es ist noch recht schattig, allerdings soll die Sonne um 7:35 Uhr bereits aufgehen und wenn ich noch länger hier warte, dann schaffe ich das auf gar keinen Fall, eng wird es schon jetzt.

      Ich setze mich auf einen Stein und tausche meine Wollhandschuhe gehen die rutschfesten Fahrradhandschuhe, die mir bereits 2015 ein gutes Gefühl an den Ketten gegeben hatten. Ich wechsle die Batterien der Stirnlampe und – oh Wunder – ich sehe wieder was. Ich hatte mich schon gefragt, wieso es seit dem Refrigerator Canyon immer dunkler statt heller geworden ist. Ja, so sollte es gehen. Ich trinke noch einen Schluck und stehe um 6:57 Uhr bereit am Trailhead von Angels Landing – alles oder nichts. Ich habe genau 38 Minuten für den Grat.



      Es gibt bereits deutliche Anzeichen der Dämmerung als ich mich auf den Weg mache. Es ist genauso, wie ich es von 2015 in Erinnerung habe, der Beginn der Ketten ist der schlimmste Teil des Grats – finde ich zumindest. Teilweise sieht man auch nicht so genau wo es weiter geht und muss erst ein paar Wege ausprobieren, bis man die folgenden Ketten erblickt. Das ist jetzt in der Dunkelheit natürlich noch ein größeres Problem.



      Ab jetzt geht es schnell. Es ist unglaublich, in welchem Tempo es plötzlich heller wird, obwohl es vor kurzem noch finsterste Nacht war. Ich muss zugeben, dass ich den Trail harmloser in Erinnerung hatte, aber es trotzdem machbar ist. Ich würde auch nicht sagen, dass ich jetzt Angst habe, sondern eher gesunden Respekt. Den sollte man hier aber sowieso haben, vor allem wenn man alleine unterwegs ist.

      Das letzte Stück vom Grat ist extrem steil und dadurch verdammt anstrengend. Allerdings ist es auch einer der ungefährlicheren Bereiche, da rechts und links von einem überall genügend Felsen sind. Mein Problem ist jetzt, dass ich mich vollkommen abhetze, dadurch am Ende meiner Kräfte bin, von oben bis unten nass geschwitzt bin, vor dem steilsten Abschnitt stehe und die Sonne in 8 Minuten aufgeht. Mache ich kurz Pause, bringe meinen Puls wieder unter 180 und verpasse den Sonnenaufgang, oder quäle ich mich jetzt in Höchstgeschwindigkeit da hoch? Eigentlich kann ich mir die Frage sparen, ich bin so weit gekommen und jetzt so kurz vor dem Ziel das Handtuch werfen? Auf keinen Fall! Ich habe das Tempo der aufgehenden Sonne definitiv unterschätzt, aber ich bin fest entschlossen das brutale Rennen gegen die Zeit zu gewinnen und ich klettere um mein Leben.



      Wie durch ein Wunder schaffe ich es bis 7:34 Uhr ganz nach vorne an die Spitze, eine verdammte Minute vor dem Sonnenaufgang! Ich kann nicht mehr, pfeife aus dem letzten Loch, der Schweiß läuft mir den Rücken runter, aber ich bin glücklich und am Ziel! Ich stehe jetzt tatsächlich als einziger Mensch auf Angels Landing und darf den Sonnenaufgang hier erleben. Wer kann sich schon so glücklich schätzen?
    • Tag 8 (09.12.2017): The Magic of Angels Landing Teil 2

      Ich habe kaum einmal vernünftig durchgeatmet, da bringt die Sonne auf der linken Seite (Blick in Richtung Temple of Sinawava) bereits die Spitzen der Berge zum Glühen.



      Ich mache einen großen Fehler und setze mich auf den Boden um das Schauspiel zu genießen. Natürlich ist mir von dem Aufstieg unglaublich heiß und ich merke es nicht sofort, aber die Felsen sind natürlich eisig kalt. Ihr erinnert euch? Es herrschen noch immer Temperaturen unter dem Gefrierpunkt und hier oben auf Angels Landing weht außerdem ein fieser und kalter Wind. Lange halte ich es nicht aus und die Dummheit rächt sich schnell. Wirklich faszinierend wie schnell mein Zustand von warm zu durchgefroren wechselt – klar, meine Klamotten sind völlig durchgeschwitzt. Ich stehe unter einem Hustenanfall auf, wickle mir wenigstens meinen Schal um den Hals und ziehe die Wollhandschuhe noch über die Fahrradhandschuhe. Viel bringt das nicht, aber immerhin etwas. Jetzt habe ich aber genug gejammert, schließlich bekomme ich hier gerade einen wunderschönen Sonnenaufgang geboten. Naja. Um ehrlich zu sein: Rein vom Sonnenaufgang her habe ich schon Spektakuläreres gesehen, das war mir aber vorher klar. Natürlich kann die Sonne hier nur die Spitzen der Berge beleuchten, der Canyon selbst wird noch laaaaange Zeit im Schatten liegen. Viel, viel länger als ich hier oben verbringen kann. Trotzdem ist das hier gerade ein ganz, ganz besonderer Moment für mich, den ich mit niemandem teilen muss. Oder darf?! Ich hatte ja bereits die Befürchtung, dass es ein ganz seltsames Gefühl sein wird ohne Dominik hier oben zu sein, besonders wenn sonst niemand hier ist. Diese Sorge bestätigt sich absolut und irgendwie hänge ich ganz komisch zwischen Trauer und Glücksgefühl fest.



      Plötzlich und unerwartet nähert sich ein Paar und begrüßt mich überrascht. Auch sie hätten nicht damit gerechnet um diese Uhrzeit jemanden hier zu treffen, ich finde das aber nicht schlimm. Die beiden setzen sich ebenfalls auf den Boden, sind aber viel besser darauf vorbereitet als ich, die haben nämlich Heizdecken dabei. Nicht nur das, ich bekomme auch aus Mitleid ein Hustenbonbon in die Hand gedrückt, weil ich inzwischen halb am Verrecken bin. Krankheit und körperliche Anstrengung harmonieren halt einfach weniger gut miteinander.



      Nach kürzester Zeit verschwinden die beiden auch schon wieder und ich bin wieder allein. Aber nicht lange, denn kaum sind die beiden aus dem Sichtfeld verschwunden kommt mir ein einsamer Mann entgegen. Mit ihm führe ich dann auch eine längere und sehr angenehme Unterhaltung. Er ist hier am Zion aufgewachsen und kommt im Winter 3,4x zum Sonnenaufgang auf Angels Landing. Ihm ist bewusst, was es für ein Glück ist hier leben zu dürfen, aber im Frühjahr wird er nach Salt Lake City ziehen. Daher wäre das angeblich sein allerletztes Mal hier oben. Das wundert mich etwas, denn für amerikanische Verhältnisse ist die Entfernung Salt Lake City – Zion jetzt keine unüberwindbare. Wir machen noch gegenseitig ein Bild von uns…



      … bevor auch er sich wieder von mir verabschiedet. Ich bleibe noch ein paar Minuten.



      Um 8:30 Uhr habe ich genug gesehen, bin komplett durchgefroren und nur noch am Zittern. Daher entscheide ich mich nach genau einer Stunde Aufenthalt schweren Herzens auch zum Aufbruch. Der Abstieg ist wesentlich unproblematischer als der Aufstieg. Viele empfinden das ja als genau umgekehrt, aber unsicherer fühle ich mich in diese Richtung nicht, dafür ist es einfach sehr viel weniger anstrengend. Es ist jetzt allerdings hell genug für Fotos auf dem Grat, auch wenn alles noch im Schatten liegt.



      Ja Leute… Der Trail geht zunächst da entlang, wo die Bäume wachsen und dann über diesen schmalen Felsen. Ich finde, das sind mal wieder erstklassige Beispiele dafür, dass Bilder etwas deutlich schlimmer darstellen können, als es wirklich ist. Ich persönlich finde diese Fotos ziemlich heftig! Das soll den Trail allerdings in keinster Weise verharmlosen, Angels Landing ist nicht ohne, nichts für Menschen mit Höhenangst und verdammt: Tragt wenigstens vernünftige Schuhe wenn ihr da hoch geht. Wenn ich an die vielen Flip Flops aus August 2015 denke wird mir immer noch schlecht. Ganz ehrlich… ich bin nicht scharf darauf in den Tod gerissen werden, weil irgend so ein Volltrottel mit den Latschen ausrutscht und mich weggrätscht. Wenn man das beachtet, ohne Angst, aber mit Respekt an die Sache heran geht und sich einigermaßen intelligent verhält, dann sehe ich hier keine Probleme.



      Manche Stellen rutscht man am besten auf dem Hintern runter.

    • Tag 8 (09.12.2017): The Magic of Angels Landing Teil 3

      Wie ihr seht, die Sonne kämpft sich nur ganz langsam die Canyon Wände runter. So lange kann man wirklich nicht warten, wenn man noch andere Pläne für den Tag hat – und die habe ich.



      Jeder Schritt sollte mit Bedacht gesetzt werden, es geht weit runter.



      Kurze Pause um den Sonnenstand zu kontrollieren



      Weiter geht der fröhliche Abstieg





      Kurz vor Ende des Grats kommen mir dann die ersten Menschen entgegen, am Horizont sind Weitere zu sehen. Bei der ersten Gruppe handelt es sich um drei Asiaten, von denen zwei hochmotiviert aussehen und einer… Tja. Einer hat panische Angst und teilt mir das auch sofort mit. Seine beiden Kumpels haben ihn dazu gedrängt und jetzt muss er angeblich da durch. Mist ist das! Es wird noch viel extremer auf deren weiteren Weg und besonders ratsam ist das nicht. Hinterher kann der sich vor Angst nicht mehr vor und zurück bewegen und dann?! Aber die sind alle alt genug und so gucke ich, dass ich vernünftig an den Dreien vorbei komme und wünsche einen schönen Tag. Inzwischen habe ich es bis in die Sonne geschafft, was sehr angenehm ist.



      Die folgende Stelle finde ich ja besonders witzig. Das sieht auf dem Foto vielleicht nicht so schlimm aus, aber es geht ziemlich steil nach oben und unten gibt es nichts für die Füße. Da stehe ich nun und lache mich kaputt wegen meiner lächerlichen Körpergröße… wie bin ich denn vor zwei Jahren da hoch gekommen? Ich erinnre mich dunkel, dass Dominik mich bis zum ersten Vorsprung hochgehoben hat. Was soll ich sagen?! Grad ist kein Dominik in der Nähe und so bin ich dankbar über meine recht ausgeprägte Arm- und Schultermuskulatur, denn mit meinen Beinen kann ich hier nicht viel anfangen. Ich wuchte mich die Stelle mit den Armen hoch und habe damit alle Schwierigkeiten überwunden.



      Gleich ist es geschafft…



      Auf den letzten Metern des Grats passiert man dann noch etwas richtig Dummes. lichtlosOne sagte vor der Reise zu mir, dass er den Filter immer auf der Kamera lässt, weil ihm die Plastikkappe zu lästig ist und man die sowieso verliert. Ich habe den Filter natürlich entfernt und immer brav die Kappe benutzt… Naja. Was soll ich sagen… Diese Kappe liegt nun bei hervorragender Aussicht auf dem Angels Landing Trail und erfreut sich dort ihres Lebens. Gibt schlechtere Orte zum Abhängen, oder? Irgendwie hat das Ganze eine gewisse Ironie und leider komme ich auch nicht an die Stelle heran ohne ernsthaft mein Leben zu riskieren. In der Annahme das Plastikkappen nicht die Welt kosten können versuche ich es vernünftigerweise auch gar nicht erst und belasse es dabei. Ich kann euch heute sagen: Nikon Kamera Abdeckungen in Standard Objektivgröße kosten 11€ :D



      Übrigens habe ich seit dem Scout Lookout wieder Handyempfand, den hatte ich bei der Einfahrt auf den Scenic Drive verloren. Jetzt, wo ich heil vom Grat runter bin, opfere ich noch fünf Minuten um den wichtigsten Leuten diese Information mitzuteilen, es haben sich doch ein paar Sorgen bei der Aktion gemacht.